Die HARKE, 31. Oktober 2014
Bad Rehburg, 29.Oktober 2014. 1933 begannen die Verbrennungen von Werken unliebsamer Autoren in Deutschland. Eine Lesung zu solchen ‚Verbrannten Dichtern’ haben der Arbeitskreis ‚Stolpersteine Rehburg-Loccum’ und der Förderverein der ‚Romantik Bad Rehburg’ gemeinsam organisiert.
„Tut mir das nicht an! Lasst mich nicht übrig! Habe ich nicht immer die Wahrheit berichtet in meinen Büchern? Und jetzt werde ich von euch wie ein Lügner behandelt! Ich befehle euch: Verbrennt
mich!“ Bert Brechts Bücher haben gebrannt. Diesen Appell hat er in seinem schriftstellerischen Werk verfasst und er ist eines jener Zitate, die die Vorleser des Abends zu Beginn und zu den
Schriftstellern, aus deren Büchern sie vorlasen, in das Publikum geworfen haben. Starke Worte, die präzise die Gefühle und die Einschätzungen dieser Dichter zur Lage in Deutschland wiedergaben.
Sehr still war es danach im Saal, kein Applaus, als die sechs Vorleser - zunächst – abtraten, um dann einer nach dem anderen den Platz auf der Bühne neben dem Bücherregal voller ‚verbrannter
Dichter’ einzunehmen.
Spannungsreich war auch das, was dann folgte und keinesfalls nur schwere Kost. Leicht daher kam etwa Renate Lehmann-Brunecker mit der Geschichte von Kurt Tucholsky ‚Frauen sind eitel, Männer nie’. Dass Tucholsky nicht nur heiter-satirisch in Erinnerung bleiben wird, hatte sie zuvor mit seiner Lebensgeschichte dargestellt – und mit der Aufzählung des Schriftstellers, über das, was er hasst und was er liebt. In beiden Kategorien lässt er Deutschland als letzten Punkt erscheinen.
Hatte das Publikum bei Tucholskys Erzählung sacht gekichert, so atmete es nach den Schilderungen, die Hella Schwarz aus Joseph Roths ‚Hiob’ vortrug, schwer durch. Roth, hatte sie zuvor gesagt,
habe mit diesem Buch einen Teil seines Lebens verarbeiten wollen: den Tod seiner Frau, die im Euthanasie-Programm ermordet wurde. Kästners ‚Lyrische Hausapotheke’, in Auszügen von Martin Franke
dargeboten, entließ die Zuhörer eher heiter in die Pause. Als Friedrich Holze jedoch aus Ernst Tollers autobiografischem Roman ‚Eine Jugend in Deutschland’ das Kind Toller zitierte „Ich möchte
kein Jude sein. Ich möchte nicht, dass die Kinder hinter mir herlaufen und ‚Jude’ rufen.“, standen die Schrecken der Nazi-Zeit allen erneut vor Augen. Ähnlich erging es den Gästen mit Irmgard
Keuns ‚Nach Mitternacht’, das Edith Griese-Hüsemann sich ausgewählt hatte. Die Assoziation, die darin ein Mädchen hat, als sie Hitler im offenen Wagen stehend an sich vorüber fahren sieht –
nämlich zu dem Prinzen im Karnevalsumzug, doch dieser hier sei nicht so lustig, streue keine Bonbons sondern hebe nur die leere Hand – ist einer der Momente des Abends, der manchen dazu bewegen
könnte, ein Buch auch von dieser ‚verbrannten Dichterin’ zu lesen. Schmunzelnd hingegen las Fritz Erich Anhelm die Geschichte Brechts ‚Der verwundete Sokrates’ vor - vom Philosophen, der sich auf
dem Schlachtfeld hervortat, weil er einen Dorn in seine Ferse trat und daraufhin ein derart unglaubliches Gebrüll anstimmte, das die Gegner in die Flucht geschlagen wurden.
Die Vielfalt der Schriftsteller, der ausgewählten Geschichten, der Stimmungen, die sie erzeugten, und auch der Spannungsbogen, der durch die sechs Stimmen aufgebaut wurde, hatten ihren ganz
eigenen Reiz. Und trotz der Schrecken, die vieles des Vorgetragenen wach riefen, war es tröstlich, dass den Nazis die Ausmerzung des Werkes so manchen ‚verbrannten Dichters’ gründlich misslungen
ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Gäste des heutigen Abends,
ich begrüße sie sehr herzlich und freue mich, dass sie den Weg in die Romantik Bad Rehburg gefunden haben.
Ich begrüße sie im Namen des Fördervereins Historische Badeanlagen Bad Rehburg, in dessen Veranstaltungsreihe Bad Rehburger Winterforum der heutige Abend eingebunden ist.
Ich begrüße Sie auch im Namen der Arbeitsgruppe „Stolpersteine“, die diesen Literaturabend im Rahmen ihres Ausstellungsprojektes „Sie waren Nachbarn …“ organisiert hat.
„Ich übergebe den Flammen die Schriften von …“, so begannen die satanischen Feuersprüche, als in der Nacht des 10. Mai 1933 in ganz Deutschland die Bücher bekannter Autoren ins Feuer
geworfen wurden.
Damit verbrannten Adolf Hitler und seine Nationalsozialisten eine ganze Generation von Schriftstellern aus dem Bewusstsein der Deutschen. Als entartete Kunst wurden die Bücher fas aller
deutschsprachigen Autoren von Rang und Namen den Flammen übergeben. Und ein Großteil davon geriet in Vergessenheit.
Die Liste derjenigen Schriftsteller, die unter dem Nationalsozialismus diffamiert wurden, trägt Hunderte von Namen. So rigoros hat sich kein Volk von einer ganzen Literatur-Epoche trennen
lassen.
Die Bücherverbrennungen in Berlin und zunächst weiteren 21 deutschen Städten, vorrangig Universitätsstädten, waren ein Zeichen dafür, was bereits früher in Deutschland in Gang gekommen ist.
Thomas Mann erinnert sich ,dass er im Sommer 1932 ein Paket zugeschickt bekam, aus dem ihm schwarze Asche und verkohltes Papier entgegenfiel. Es war gerade noch erkennbar, das ein Exemplar seines
Romans „Die Buddenbrocks“ verbrannt war von einem Leser, der ihn vor weiterer Kritik am Nationalsozialismus warnte.
Viele der sogenannten verbrannten Dichter sind in Vergessenheit geraten. Haben damit die Nazis doch ihr Ziel erreicht?
Wir wollen mit unserer heutigen Veranstaltung an bekannte und unbekannte der verbotenen und auch verfolgten Dichter erinnern.
Es ist übrigens besonders dem einstigen Stern-Journalisten Jürgen Serke mitzuverdanken, das die auf dem Scheiterhaufen der Nazis 1933 verkohlte Literatur nicht in Vergessenheit geriet. In seinem
Buch „Die verbrannten Dichter“ holte er fast vergessene, von den Nazis verfemte Literaten wieder ans Licht.
Wir wollen heute Abend auch etwas dazu beitragen und lesen aus Werken von Josef Roth, Ernst Toller, Erich Kästner, Kurt Tucholsky und Berthold Brecht.
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