Einmalig ist das gewesen, was der Kirchenkabarettist Matthias Schlicht am 24. März 2017 auf die Bühne der „Romantik Bad Rehburg“ gebracht hat. Einmalig unter anderem auch, weil sein neues Programm, in dessen Mittelpunkt die Reformation unter dem Titel „Auf’s Maul geschaut“ steht, in Bad Rehburg eine gute Portion Lokalkolorit bekommen hat.
„Mein Vikariatsleiter, der namentlich nicht genannt werden möchte“ – auf ihn kam Schlicht so manches Mal zu sprechen an diesem Abend. Schließlich war der Kabarettist als Vikar in Nienburg und sein Vikariatsleiter ist derjenige gewesen, der noch vor ihm auf die Bühne trat, um ihn anzukündigen. Jener namentlich schließlich doch genannte Friedrich Holze stand dort jedoch in anderer Funktion denn als Ausbilder des Vikars, nämlich als Mitglied des „Arbeitskreises Stolpersteine Rehburg-Loccum“, zu dessen Gunsten Schlicht den Auftritt machte.
Nun ist es gewiss nicht einfach, locker-leichtes Kabarett, wenn auch mit ernsten Hintergründen, in den Kontext von Verfolgungen zur Nazi-Zeit zu bringen. Genau das ist Schlicht aber immer wieder hervorragend gelungen. Den Finger in die Wunden unserer Tage zu legen, mit einem Plädoyer von Hanns Dieter Hüsch gegen Ausgrenzungen zu schließen, die Erwartungen des Publikums, herzhaft lachen zu dürfen, und gleichzeitig auch den Kern des eigenen neuen Programms – Luther, Reformations-Jubiläum und die Eigenheiten der Kirche – nicht aus den Augen zu verlieren, ist wahrlich keine kleine Aufgabe gewesen. Genau das ist Matthias Schlicht aber gelungen.
ür Amüsement sorgen und dabei Fratzen zu schneiden ist eine Seite, die insbesondere Menschen aus Rehburg-Loccums Umgebung gut von Schlicht kennen. Schon zu jener Zeit, als er noch
Konventual-Studiendirektor im Kloster Loccum war, begann er mit solchen Auftritten und sorgt seitdem für volle Säle, wenn angekündigt ist, dass er auf die Bühne steigen wird. Ernste Hintergründe
hat er auch damals schon nicht gemieden. Genau diese Seite ist aber bei diesem Auftritt noch stärker in den Vordergrund getreten. Luther nur loben, bejubeln und ihm Denkmäler setzen im 500. Jahr
nach dessen Anschlag seiner Thesen zu Wittenberg? Dass dieses nicht der alleinige Ansatz sein solle, packte Schlicht in ein Lied. Wie war dessen Verhältnis zu Juden? Zu Bauern? Welche Ansichten
hatte er zu Hexenverfolgungen? Ohne die großartigen Leistungen des Mannes, über den er schließlich einst promovierte, schmälern zu wollen, erinnerte er doch auch an andere Seiten des
Reformators.
Den Betrachtungen zu Luther folgten solche aus dem Heute, bei denen mancher bekannter Rehburg-Loccumer zur Freude der Zuhörer ins Spiel kam. Die Loccumer Zeit hat Schlicht eben doch geprägt und
das nicht nur durch seinen Umgang mit Vikaren, von denen er behauptete, dass sie eine theologische Betrachtung seinerseits zum Reim „Es spricht die Kuh zum Zaun …“ in Verzückung versetzt
habe.
Lustig also, aber auch nachdenklich stimmend und unterstützt vom Liedermacher Daniel Fernholz und dem Pianisten Frederik Feindt, der in den Abend mit „Ein feste Burg“ – dem Protestsong der
Reformation – in einer herrlichen Ragtime-Version einstimmte, ist der Abend wie im Flug vorübergegangen. Der Dank des Publikums war Matthias Schlicht zum Ende genauso gewiss wie der des
Stolperstein-Arbeitskreises. Der will den Erlös des Auftritts verwenden, um eine Stolperschwelle vor der ehemaligen Synagoge in Rehburg verlegen zu lassen. So schließt sich der Kreis zu manchem,
was der Kirchenkabarettist in Bad Rehburg vortrug.
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