„Liebe Nora…“ So beginnt ein Brief, den die Loccumerin Annchen Heymer an ihre Enkelin geschrieben hat und so ist auch der Titel des Buches, das aus diesem Brief geworden ist. Gemeinsam mit zwei Jugendlichen haben sie und ihr Mann Eike Heymer aus diesem Brief in unserer Geschichtswerkstatt gelesen.
Ihre Kindheit beschreibt sie in dem Buch und schreibt an ihre – zum Zeitpunkt des Verfassens des Briefes – zehnjährige Enkelin Nora. Eine ganz andere Kindheit, eine Kindheit in Frieden, erlebe Nora, schreibt sie ihr – ganz anders als ihre eigene Kindheit, die vom Krieg und von der Flucht aus ihrer Heimat Pommern geprägt war. So erzählte sie von den Zeiten, als Wäschewaschen noch Schwerstarbeit war und einen ganzen Tag in Anspruch nahm. Berichtete von der Freude ihres Bruders Jürgen über den Nachttopf aus Porzellan, den er zum Geburtstag geschenkt bekam. Die kleinen Freuden, die schönen Erinnerungen – diese Auszüge behielt sich die 82-Jährige vor, gemütlich im Sessel auf der Bühne sitzend. Schöne Erinnerungen von einem innigen Familienleben in ihrer Heimat.
Ganz andere Erinnerungen waren es, die ihr Mann und die beiden Jugendlichen, die neben ihm standen, den Zuhörern präsentierten. Davon, wie Annchen Heymer zweimal aus ihrer Heimatstadt Schlawe
fliehen musste. Zunächst gegen Ende des Krieges, als die Front näher rückte. Dann nach Kriegsende und nahezu freudig, weil das Ziel der zweimonatigen Fahrt im Viehwaggon eines Zuges doch ihr
Vater sein sollte, der in der Nähe von Hildesheim gestrandet war. „Vater lebt!“ – Diese Nachricht, durch einen Brief bestätigt, war eine Aussicht auf Zukunft für die Familie. Von der Fahrt selbst
unter unwürdigen Bedingungen, von der Angst, die mitgefahren ist, beschreibt sie mit nahezu nüchternen Worten. Ebenso wie auch von den Soldaten, die mitten in der Nacht ihre Mutter mit der
Aufforderung „Matka, komm!“ von den Kindern wegholten, um eine Frau bei ihrem Trinkgelage dabei zu haben, oder von dem Spaziergang mit ihrer Mutter, während dessen ein Schuss die Stille zerriss
und sie sich mit klopfenden Herzen in einem Kornfeld versteckten. Wie es dem Kind Annchen ergangen ist, ließ sich erahnen, wenn Serivan Bagari – Schülerin der Realschule Stolzenau – rief „Nein,
ich will nicht sterben!“, nachdem ihr Bruder Jürgen – Tjark Willging, Schüler der IGS Nienburg – davon erzählt, dass die verzweifelte Mutter den Gashahn aufdrehen wollte, um ihren Kindern und
sich Schlimmeres zu ersparen.
Das zu lesen, hat Annchen Heymers Enkelin einmal gesagt, falle ihr immer noch schwer. Zu wissen, dass es ihre geliebte Großmutter sei, die das erleben musste, habe ihr aber auch deutlich gemacht,
wie nahe das alles an ihrem Leben sei und wie glücklich sie sich schätzen könne, eine Kindheit im Frieden verbringen zu dürfen. Genau diesen Eindruck der Nähe haben auch die Zuhörer bekommen.
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