„Schulchroniken sind auch immer die Geschichte des Dorfes, in dem sie geschrieben wurden“, sagt der stellvertretende Schulleiter der OBS Loccum, Werner Völlers. Umso wertvoller ist ihm und Schulleiterin Stephanie Bachmann, dass die OBS von unserem Arbeitskreis eine Transkription der Jahre 1930 bis 1950 ihrer eigenen Schulchronik geschenkt bekommen hat.
Wer kann schon lesen, was vor 100 Jahren handschriftlich aufgezeichnet worden ist? Nur wenige Ältere und einige Spezialisten sind dazu noch in der Lage. In Loccums Oberschule schlummerten wohl auch aus diesem Grund die alten Chroniken zwar wohlverwahrt, aber ungelesen. Bis deren ehemaliger Schulleiter Jürgen Schulz sie sich auslieh.
Als Pensionär hat Schulz begonnen, in unserem pädagogischen Team mitzuwirken. Da dessen Konzept sich immer an den realen Ereignissen in Rehburg-Loccum zur NS-Zeit orientiert, hoffte er auf neue Erkenntnisse aus den Büchern. Die Handschriften ließen aber auch ihn kapitulieren. Woraufhin wir uns entschlossen, Geld in die Hand zu nehmen, um einen Historiker mit der Transkription von 20 Jahren Loccumer Schulgeschichte zu beauftragen.
Das Ergebnis sind rund 90 eng bedruckte Seiten, die von vielem in Loccum und der Welt zur NS-Zeit erzählen. Von Schülern, die selbstverständlich in die Hitler-Jugend überführt wurden, von Bombenangriffen auf Loccum, von dem, was manche als Kapitulation, andere als Befreiung erlebten, als im April 1945 britische Verbände auf Loccum vorrückten. Von Festen und Einschulungen und auch davon, dass Schul- und Kirchenvorstand bereits 1933 neu gebildet wurden, damit „die nationalsozialistische Bewegung nicht nur in Länge und Breite wirkte“. Eine Fundgrube für unsere Pädagogen. „Wir überlegen nun, unser Konzept um den Part „Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus“ auszuweiten“, sagt Edith Griese-Hüsemann.
Die Schüler der OBS werden davon profitieren können, denn die Schule hat eine Kooperationsvereinbarung mit uns. Jeder Jahrgang besucht mindestens einmal unsere Geschichtswerkstatt in Rehburg.
In der Schule wollen Bachmann und Völlers die Transkription im Kreis der Geschichtslehrer bekannt machen. „Die eindringlichsten Geschichtsstunden waren immer jene, in denen wir Zeitzeugen aus dieser Zeit bei uns hatten“, berichtet Völlers. Da von diesen Zeitzeugen kaum noch jemand da sei, könne die eigene Chronik nun gut für einen Unterricht herangezogen werden, der deutlich mache, dass Nationalsozialismus nicht irgendwo weit weg war, sondern sich auch im Umfeld der Schüler abspielte. „So können wir den Schülern etwas mit auf den Weg geben, was ihnen gerade in Zeiten, in denen Rechtspopulisten erstarken, dabei helfen kann, nicht so beeinflussbar zu sein“, fügt Bachmann hinzu.
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