40 von 261 Namen hatten wir bis zum Jahresende 2023 mit viel Unterstützung gestickt. An jedem Sonntag im November stand die Tür unserer Geschichtswerkstatt offen für alle, die mit uns an die Kriegsgefangenen im Rehburger Forst erinnern wollen. Die Namen von 40 dieser Gefangenen sind währenddessen auf ein leinenes Laken gestickt worden, 221 Namen fehlten noch.
Im Januar nahmen wir die Arbeit erneut auf - und haben sie im Juli 2024 vollendet.
Damit verabschieden wir uns von unseren Erzählcafés. Wer unsere Ausstellung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Rehburg sehen möchte oder einfach nur mit uns in Gespräch kommen will, kann sich nach wie vor anmelden. Wir öffnen gerne! Nur nicht mehr zu festen Zeiten.
Und hier noch ein kleiner Einblick in unsere Stick-Arbeit:
„Wieder eine ganz andere Art der Annäherung“, sagt Christiane Henne und zieht ein weiteres Mal den bordeauxroten Faden durch das alte Leinen. Sechs weitere Frauen und Männer tun es ihr gleich. Stich um Stich nähern sie sich dem Ziel, die Namen aller sowjetischen Kriegsgefangenen zu sticken, die von 1941 bis 1945 in dem Arbeitskommando 5790 im Wald bei Rehburg gefangen gehalten und zu schwerer Arbeit gezwungen wurden. 600 Stunden, schätzt sie, werde es dauern bis auch der letzte Name vollendet sei.
Kein Name soll vergessen werden
Die Namen sollen nicht vergessen werden. Schließlich steht jeder von ihnen für ein Opfer der Nationalsozialisten. Wie viele dieser Männer durch die menschenunwürdige Behandlung im Lager starben, wissen wir nicht. Mehr als 50 – soviel steht fest. Von den meisten ist uns aber kaum mehr bekannt als ihr Name, ein Geburtsdatum und die Nummer, zu der die Nationalsozialisten sie degradierten.
Liliana Gavrilenko ist eine der Stickenden am Tisch. Eigentlich ist sie nur gekommen, um mehr über dieses Projekt zu erfahren. „Ich kann nicht sticken“, war ihr erster Satz. Nun lässt auch sie die Nadel tanzen und erzählt.
Von ihrer weißrussischen Familie. Davon, dass viele ihrer Vorfahren als Zwangsarbeiter in Deutschland waren. Ihrer Suche nach deren Gräbern und dass sie mit viel Recherche und etwas Glück das Grab ihres Großvaters ausfindig gemacht habe. Das bedeute ihr sehr viel, sagt sie mit Tränen in den Augen. Und darum gehe es doch auch hier: Gegen das Vergessen arbeiten und immer wieder darauf hinweisen, damit so etwas nie wieder geschehen kann. „Nie wieder“, sagt sie, „nie wieder Krieg.“
Solche und andere Gespräche sind in allen Stunden rund um das Laken geführt worden. Fragen zu dem Lager im Forst, zu unseren Recherchen und zu dem, was wir über die Gefangenen wissen, sind aufgekommen. Welches System steckte dahinter? Welche Menschen? Was haben die archäologischen Befunde ergeben? Unterstrichen werden diese Gespräche von Blätterrauschen und Vogelgezwitscher – den Lauten, die wir im Lager aufgenommen haben, um sie in unsere Ausstellung zu holen.
Das schallt auch in den Raum nebenan, wo inmitten unserer Ausstellung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde unserer Stadt Kaffeetische gedeckt sind. Für Pausen vom Sticken und auch für jene, die einfach nur kommen, um sich zu informieren oder zu reden. Wie die Wohngruppe der Lebenshilfe aus der Nachbarschaft, die wissen wollte, was bei diesen Stolpersteinlern denn überhaupt geschieht und zu sehen ist. Daraus wurde ein angeregtes Gespräch über Rehburgs jüdische Gemeinde und die Rehburg-Loccumer Euthanasie-Opfer. Eine von etlichen Kaffeerunden – von denen wir noch viel mehr erleben möchten.
Wir hoffen auf weitere solcher Gespräche und auch auf manche Besucher, die sich an unserer Stickarbeit beteiligen mögen. Im Herbst 2024 sollen alle Namen auf dem Leinen stehen, soll das Laken zum Mittelpunkt einer Ausstellung zu dem Lager im Forst werden. In der Romantik Bad Rehburg wird es dann ausgebreitet.
Die Umsetzung des Kunstprojekts "Ein Laken für 261 Kriegsgefangene" hat uns die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt mit großzügiger Förderung ermöglicht.
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